Rotkehlchen – Erithacus rubecula

Rotkehlchen – Erithacus rubecula; Hortus Columbarium

 

Das Rotkehlchen ist in Deutschland (nach 1992) 2021 erneut „Vogel des Jahres“.

Der Vogel ist aus der Familie der Fliegenschnäpper (Muscicapidae). Es besiedelt Nordafrika, Europa und Kleinasien sowie die Mittelmeerinseln. Die Nahrung besteht vor allem aus Insekten, kleinen Spinnen, Würmern und Schnecken. Der Gesang beginnt etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang und ist bis in die Dämmerung fast das ganze Jahr über zu hören. Die Art gilt derzeit als ungefährdet.

Wegen seiner oft geringen Fluchtdistanz, seines Erscheinungsbilds und seiner Häufigkeit ist das Rotkehlchen ein besonderer Sympathieträger. Es hat bei der Entdeckung und wissenschaftlichen Anerkennung des Magnetsinns eine wichtige Rolle gespielt.

Das Rotkehlchen ist von rundlicher Gestalt mit langen, dünnen Beinen. Die orangerote Kehle, Stirn und Vorderbrust sind leicht zu erkennen und erLauben eine einfache Bestimmung. Füße und Iris sind dunkelbraun, der Schnabel ist schwarzgrau bis braunschwarz. Über den Schnabelwinkeln stehen je drei bis vier Bartborsten. Die Größe liegt bei etwa 13,5 bis 14 Zentimetern. Die Flügelspannweite beträgt 20 bis 22 Zentimeter, und das Körpergewicht liegt meist bei 15 bis 18 Gramm.

Beim Rotkehlchen gibt es keinen Geschlechtsdimorphismus.

Der Vogel neigt bei Gefahr oder Erschrecken durch Tiere zur Schreckmauser. Dabei werden meistens die Steuerfedern abgeworfen, die während der regulären Mauser eine Wachstumsdauer von 25 Tagen haben. 

In wärmeren Teilen des Verbreitungsgebiets, also in West-, Süd- und Mitteleuropa sowie auf den britischen Inseln, ist das Rotkehlchen ein Standvogel. In West- und Mitteleuropa ziehen einige Exemplare der Population jedoch als Kurzstreckenzieher und Teilzieher im Winterhalbjahr über kurze und mittlere Strecken.

Die Rotkehlchen-Populationen im Norden und im Osten Europas sind Zugvögel, die im Mittelmeerraum und im Nahen Osten überwintern. Sie ziehen im Oktober fort und kehren im März zurück. Der Durchzugsgipfel liegt in der Schweiz, am Bodensee, in Norddeutschland und in Ostösterreich Ende September/ Anfang Oktober. Das Rotkehlchen ist ein Nachtzieher und zeigt nach Fängen in den Alpen seine höchste Zugaktivität vor Mitternacht.

Das Rotkehlchen ernährt sich hauptsächlich von Insekten, kleinen Spinnen und kleinen Regenwürmern. Ergänzend nimmt es Früchte und weiche Samen zu sich, darunter das Rotkehlchenbrot (Pfaffenhütchen), Beeren (beispielsweise Mehlbeeren), Seidelbast und Liguster.  Dabei behalten etwa 80 Prozent der aufgenommenen Beerensamen ihre Keimfähigkeit. Während der Brutzeit ist die Nahrung fast ausnahmslos aus tierischen Bestandteilen zusammengesetzt. Im Spätsommer, Herbst und Winter wird sie durch pflanzliche Nahrung ergänzt. Während der Zugzeit geht der Anteil pflanzlicher Nahrung jedoch stark zurück.

Zur Nahrungssuche bewegt sich das Rotkehlchen in kleinen Sprüngen auf der Erde vorwärts, selten werden kurze Schritte gemacht. Durch Umdrehen und Ablesen des Laubes, seltener von Stämmen oder Ästen, oder durch die Ansitzjagd mit anschließendem Hinunterstoßen kann es Insekten erreichen. Das Rotkehlchen ergreift auch gern die Beute, wenn Nahrungstiere von anderen Tieren freigelegt oder aufgescheucht werden oder andere Vögel sie von Bäumen herunterfallen lassen. Kleine Steine werden zur Verdauungsförderung aufgenommen, unverdauliche Teile wie Chitin als Gewölle in länglichen Ballen hervorgewürgt.

Im Winter ernährt sich das Rotkehlchen häufig an Futterhäuschen, wo es Fettnahrung wie Fettfutter und Körner vorzieht. Zudem versuchen urbane Rotkehlchen, offen gelagerte Lebensmittel zu erreichen. Beobachtungen zufolge zerpicken sie Alufolie, um an Milch oder Butter zu kommen. Es wurden schon Rotkehlchen beobachtet, wie sie in seichten Gewässern erfolgreich Wasserinsekten fingen.

Das Rotkehlchen ist normalerweise tag- und dämmerungsaktiv, teilweise aber auch nachtaktiv. Seine Aktivität setzt eine Stunde vor Sonnenaufgang ein und endet meist eine Stunde nach Sonnenuntergang. Es  übernachtet im Regelfall einzeln, gewöhnlich versteckt in dichtem Gebüsch; in strengen Wintern sucht es jedoch auch Hühnerställe, Taubenschläge und ähnliches auf. Selten schläft es in menschlichen Behausungen, auf Lampen oder ähnlichem.

Der Vogel folgt dem Gärtner bei der Nahrungssuche mit geringer Fluchtdistanz von bis zu einem halben Meter.

Zu allen Jahreszeiten badet das Rotkehlchen sehr gerne. Morgens wäscht es das Gefieder flügelschlagend an tau- oder regennassen Blättern, um sich anschließend kräftig zu schütteln und zu putzen. Dabei bedient es sich auch der Technik des Einemsens, indem es einzelne Ameisen mit dem Schnabel aufliest und durch das Gefieder zieht. Beim Sonnen kauert es mit geöffnetem Schnabel, meistens auf dem Boden, aber auch auf Ästen liegend. Abends zieht es das Bad an flachen Uferstellen oder an Tränken vor. Im Winter badet das Rotkehlchen notfalls auf dem Eis.

Das Rotkehlchen meidet vegetationslose Flächen nach Möglichkeit. Es fliegt daher dicht über dem Boden irgendeinem Versteck direkt entgegen. Aufgrund seiner geringen Fluchtdistanz wagt es sich bis auf einen Meter an größere Tiere heran, die es aktiv aufsucht, weil sich oft Insekten in deren Nähe befinden. 

Das Revierverhalten des Rotkehlchens ist sehr ausgeprägt. Aggressionen gegen Rivalen kommen zunächst im Reviergesang zum Ausdruck. Bleibt dies erfolglos, hebt der Verteidiger den Schwanz, breitet die Flügel aus und plustert sich auf, so dass er mit dem orangeroten Gefieder zwischen Stirn und Hinterbrust den Eindringling erregt. Gibt keiner der Kontrahenten nach, verkrallen sich beide ineinander und versuchen, den Gegner am Boden festzuhalten und ihm die Augen auszuhacken. Solche Kämpfe dauern in der Regel 30 Minuten, können manchmal jedoch erst nach Stunden entschieden sein. Diese zum Teil erbitterten Auseinandersetzungen können sogar den Tod des Rivalen zur Folge haben.

Das Rotkehlchen erreicht die Geschlechtsreife im ersten Lebensjahr. Es führt eine monogame Brutehe. In West-, Süd- und Mitteleuropa finden ziehende Männchen nur halb so oft ein Weibchen wie Überwinterer. Der Legebeginn fällt frühestens in die erste Märzhälfte, in Mitteleuropa aber meistens in den April. Zwei bis drei Jahresbruten sind möglich, wobei Drittbruten eine seltene Ausnahme bilden. Die Brutzeit zieht sich somit von Mitte März/Anfang April bis Juli/August hin.

Der gegen Regen geschützte Nistplatz wird vom Weibchen bestimmt, das in den ersten beiden Tagen am intensivsten daran baut. Das offene, napfförmige Nest befindet sich meistens in Bodenvertiefungen, in Halbhöhlen an Böschungen, im Wurzelwerk am Boden, unter Gestrüpp oder in hohlen Baumstümpfen. Gelegentlich wird es in Baumhöhlungen, Mauerlöchern oder anderen Höhlen angelegt.

Zum Nestbau werden vor allem trockenes Laub, Moos, Stängel, Halme und feine Wurzeln genutzt. Ausgepolstert wird das Nest mit Tierhaaren, Pflanzenwolle und Federn. Es hat einen Durchmesser von etwa 13 cm und eine Höhe von etwa 4,5 cm; bei einer Tiefe von etwa drei Zentimetern beträgt der Durchmesser der Nestmulde etwa fünf Zentimeter. Je nach Größe schwankt das Gewicht zwischen 16 und 44 Gramm. Die Nestbaudauer beträgt vier bis fünf Tage. Während dieser Zeit singt das Männchen von einer hohen Singwarte, die sich über dem Weibchen befindet. Das Rotkehlchen verwendet für seine zweite Brut nicht noch einmal dasselbe Nest.

Oft verwendet das Rotkehlchen auch alte Nester von anderen Vögeln. Weiterhin nimmt es Nischenbrüternistkästen mit zwei ovalen Einfluglöchern (32 × 50 mm²) an, die nicht allzu hoch hängen und erschütterungsfrei sind. Zudem werden an Schuttplätzen und auf Müllkippen Nester in Dosen, Töpfen, Eimern, Gießkannen oder Schuhen gebaut.

Die Eiablage erfolgt im Morgengrauen. In Mitteleuropa liegt sie bei fünf bis sieben Eiern; meist werden sechs Eier gelegt. Während der 13 bis 15 Tage langen Brutdauer sitzt es sehr fest und ausdauernd auf dem Nest. In den Brutpausen von normalerweise drei bis fünf Minuten Länge wird es vom Männchen außerhalb des Nestes gefüttert, um den Standort des Geleges zu verbergen. Ein Kuckuck in der Nähe des Nestes wird heftig bekämpft.

In der Regel schlüpfen die blinden Jungen in vier bis sechs Stunden zwischen 5 Uhr und 9 Uhr morgens. Den Jungvögeln droht Gefahr von Laufkäfern und Schnecken.  Ab dem 13. Tag singt das Männchen den Jungvögeln oft aus vier bis sechs Metern Entfernung vor, um sie auf den Gesang zu prägen. Ausgeflogene Junge betteln auch andere Vogelarten, bis zur Größe einer Amsel, um Futter an. Adulte Rotkehlchen füttern jedoch auch Junge von Amseln, Singdrosseln, Zaunkönigen, WaldLaubsängern, Fitissen, Grauschnäppern, Schwanz-, Blau- und Kohlmeisen.

Das Rotkehlchen hat in der Natur unter Berücksichtigung der geringen Überlebensrate der Nestlinge eine durchschnittliche Lebenserwartung von 1,25 Jahren. Einjährige Vögel können meist ein Alter von drei bis vier Jahren erreichen. Das höchste durch Ringfunde belegte Alter beläuft sich auf 17 Jahre und drei Monate für ein in Polen beringtes Tier.

Die Hauptbedrohung für die Rotkehlchenpopulationen in Mitteleuropa geht überregional und langfristig von der Ausräumung der offenen Landschaft durch die Intensivierung der Landwirtschaft, der Flurbereinigung und der zunehmenden Verbauung aus. Weiterhin erleiden Rotkehlchen durch den Gebrauch von Insektiziden erhebliche Verluste, die durch Herbizide und Dünger noch verstärkt werden. Zudem fallen in Südeuropa jährlich noch immer Tausende von Rotkehlchen der Jagd zum Opfer.

Der Vogel profitiert von folgenden Schutzmaßnahmen: Die Belassung von FallLaub und Unterholz in Wirtschaftswäldern und das Wiederherstellen beziehungsweise Bewahren von reich strukturierten, heckenreichen Kulturlandschaften.  Zudem kann eine naturnähere Gestaltung von Gartenstädten und Parks eine verstärkte Ansiedlung in Siedlungsräumen fördern. Die in Heckenhabitaten meist hohen Brutverluste können durch die Erhaltung oder Anlage breiter Vegetationssäume als Pufferzone gegen Prädatoren gemindert werden.

Bei den alten germanischen und keltischen Volksstämmen Europas galt das Rotkehlchen als Träger und Überbringer der Sonne. Bei den Germanen und in späteren Schweizer Sagen wurde es dem rotbärtigen Gott Thor zugeschrieben, denn es trug die rote Farbe seines Blitzes. Generell setzten die Volksgruppen alles, was in der Farbe dem Feuer glich, in Beziehung zu dem Gott, der diese Naturgewalt zu Gunsten der Menschen regierte. Neben dem Rotkehlchen als Sinnbild des Feuers und des Blitzes wurden auch Gartenrotschwanz, Gimpel und Stieglitz als heilige Tiere gesehen. Je nach Zusammenhang sollten sie vor Blitzschlag und Feuer schützen oder diese anziehen. Wo Rotkehlchen und Rotschwänzchen als dem Donar heilige Vögel nisteten, gLaubten die Menschen, dass Donar Haus und Hof hüte. Es wurde als großer Frevel betrachtet, wenn jemand das Nest eines Rotkehlchens zerstörte. Zudem herrschte der GLaube, dass ein Rotkehlchen-Nest in der Nähe des Hauses Frieden in es bringe und Ehepaare dort in Glück und Frieden leben. Nach einer alten Bauernregel, die noch bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts GLauben fand, gibt es Regen, wenn Rotkehlchen in Höhlen Schutz suchen.

Das Rotkehlchen hat bei der Entdeckung und wissenschaftlichen Anerkennung des Magnetsinns eine wichtige Rolle gespielt. Der Frankfurter Forscher Wolfgang Wiltschko konnte in den 1970er Jahren nachweisen, dass das Rotkehlchen sowohl ohne Sicht auf den Nachthimmel als auch ohne Sichtmarken die Orientierung beibehalten kann.

Zur Radeberger Gruppe, gehört seit 2010 die Friedrichshagener Bürgerbrauerei, Diese hatten ein Bier entwickelt, welches durch ein karamelliges Malz eine besondere rötliche Farbnote erhält. Somit kan man auch Rotkehlchen trinken.

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