Mythos Schlehe – Prunus spinosa

auch Schlehdorn, Sauerpflaume, Heckendorn, Schwarzdorn oder Deutsche Akazie genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Prunus, die zur Tribus der Steinobstgewächse (Amygdaleae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört.

Schlehe – Prunus spinosa

 

Die sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehe wächst als Strauch oder als kleiner, oft mehrstämmiger Baum, der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von drei Metern. In seltenen Fällen können auch Exemplare bis sechs Meter Höhe beobachtet werden. Da die zahlreichen Kurztriebe beinahe im 90°-Winkel von den Langtrieben abstehen, zeigt die Schlehe ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde.

Die flachwurzelnde Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche Rinde, die im fortgeschrittenen Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart, später verkahlen sie. Die Zweige zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt. Die Kurztriebe bilden Dornen aus, die im botanischen Sinne umgewandelte Seitentriebe sind und viele Wildgehölze zieren.

Die weißen Blüten des Schlehdorns erscheinen im März und April – lange vor dem Laubaustrieb.

Schlehe – Prunus spinosa

 

Die Innenseite des Blütenbechers sondert reichlich Nektar ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Die Schlehe wird von Insekten bestäubt.

Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze und dient zur Zeit ihrer Blüte im Frühjahr zahlreichen Schmetterlingen, u. a. dem Tagpfauenauge, als Nektarquelle. Achtzehn verschiedene Schmetterlingsraupen konnten bisher an der Schlehe beobachtet werden. Unter anderem:

Kleiner Schlehen-Zipfelfalter – Satyrium acaciae
Schlehen-Schmuckspanner – Crocallis tusciaria
Gestreifter Schlehen-Grünflügelspanner – Hemithea aestivaria
Pflaumen-Gespinstmotte – Yponomeuta padella

Die Blätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten Grauen Laubholz-Dickleibspanners (Lycia pomonaria) oder des stark gefährdeten Schwalbenwurz-Kleinspanners (Scopula umbelaria) eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte Schlehen-Herbst-Wollafter (Eriogaster catax) legt vorwiegend in der Schlehe seine Eier ab. Für die Jungraupen stellen die Schlehenblätter die erste Nahrung dar. Auch der Segelfalter (Iphiclides podalirius) nutzt die Schlehe.

Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Der Goldglänzende Rosenkäfer (Cetonia aurata) knabbert gerne an den Blütenblättern und dem Pollen der Pflanze. Der Schlehen-Blütenstecher (Anthonomus rufus), lebt als einzige mitteleuropäische Rüsselkäferart ausschließlich auf der Schlehe. Als Blattfresser an Schlehe sind die Blattkäfer Clytra laeviusculaSmaragdina salicina und Cryptocephalus chrysopus beobachtet worden. Im Holz der Schlehe entwickelt sich die Larve des (wärmeliebenden) Bockkäfers Phymatodes rufipes.

Für Wildbienen stellt der Schlehdorn im zeitigen Frühjahr einen wertvollen Pollen- und Nektarspender dar. 

Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris)
Rotfühler-Wespenbiene (Nomada ruficornis)
Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularius)
Graue Sandbiene (Andrena cineraria)
Ovale Klee-Sandbiene (Andrena ovatula)
Rotpelzige Sandbiene (Andrena fulva)
Rotfransen-Erdbiene (Andrena haemorrhoa)
Gemeine Sandbiene (Andrena flavipes)
Schlehen-Lockensandbiene (Andrena helvola)
Schottische Erdbiene (Andrena scotica)
Weiße Bindensandbiene (Andrena gravida)
Zweifarbige Sandbiene (Andrena bicolor)
Zweifleck-Erdbiene (Andrena bimaculata)
Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta)
Kleine Gartenblattschneiderbiene (Megachile centuncularis)
Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis)
Weißbeinige Schmalbiene (Lasioglossum albipes)

Auch Schwebfliegen und Honigbienen besuchen die Blüten.

Die Früchte wachsen an einem aufrechten Fruchtstiel zu einer kugeligen bis schwach ellipsoiden Steinfrucht mit einem Durchmesser von 6 bis 18 mm. Sie ist blauschwarz bereift, eine Behaarung wird nicht ausgebildet. Das grüne Fruchtfleisch löst sich nicht vom Steinkern. Das Fruchtfleisch ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach Frosteinwirkung wird es schmackhafter. Die Fruchtreife erfolgt ab Oktober bis November. Als Wintersteher bleiben die Früchte den Winter über am Strauch. Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung.

Der Schlehdorn gehört zu den Wurzelkriechpionieren. Die weit streichenden Wurzeln treiben Schösslinge, so dass sich oftmals dichte Schlehenhecken bilden. Wenn er einmal etabliert ist, können durch die Wurzelbrut undurchdringliche Gestrüppe entstehen. Auf Pionierstandorten, wie zum Beispiel Trockenhängen, verdrängt er schnell die dort angesiedelte krautige Vegetation. Ökologisch betrachtet stellt der Schlehdorn für die Erhaltung solch wertvoller und geschützter Biotope eine Problemart dar. An Standorten, die von extremer Trockenheit geprägt sind, wie beispielsweise Steinhalden, wächst die Schlehe oft langsam und bildet eine krüppelige Gestalt aus. Hier kann sie für Tiere und andere Pflanzen eine Schutzfunktion ausüben.

Von den Früchten der Schlehe ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch Meisen und Grasmücken. Schlehenhecken bieten speziell Strauchbrütern einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der selten auftretende Neuntöter. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf.

Sie wird von den Rostpilzen Tranzschelia pruni-spinosae und vermutlich auch Tranzschelia discolor befallen. Zwei Arten aus der Gattung Taphrina parasitieren zudem auch auf der Schlehe; Taphrina pruni bildet Narrentaschen an den Früchten, die recht seltene Taphrina insititiae hingegen ruft Verwachsungen an den Trieben hervor.

Das Vorkommen erstreckt sich über Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und Nordafrika.

Die Schlehe bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Als Heckenpflanze ist sie weit verbreitet. Man findet sie häufig in Gesellschaft von Wacholder, Berberitze, Haselnuss, Wildrosen und Weißdornarten. Auf den Dünen an der Ostsee ist er insbesondere mit Weiden vergesellschaftet. Hierbei werden geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1600 m besiedelt.

In der Heilkunde werden die Blüten, Rinde und Früchte wirken adstringierend (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend, fiebersenkend, magenstärkend und entzündungshemmend. Ein Blütenaufguss wird besonders bei Kindern bei Durchfallerkrankungen, bei Blasen- und Nierenproblemen und Magenbeschwerden eingesetzt. Schlehenelixier gilt als geeignetes Stärkungsmittel nach Infektionskrankheiten.

Schlehenmarmelade

Die Schlehenfrüchte reifen ab etwa September, werden zumeist aber nach dem ersten Frost am Strauch geerntet. Durch Frosteinwirkung (Naturfrost oder Tiefkühlkälte) wird ein Teil der bitter schmeckenden und adstringierend wirkenden Gerbstoffe in den Früchten enzymatisch abgebaut. Dabei sinkt der Gerbstoffgehalt im Fruchtsaft von ca. 10 g/l auf unter 5 g/l. Ein vollständiger Abbau der Gerbstoffe ist hingegen unerwünscht, da sie wesentlich zum Geschmack der Produkte beitragen.

Unreif können die Früchte wie Bsp. Oliven eingelegt werden, reife Früchte werden zur Herstellung von Marmelade, Fruchtsaft, Schlehenwein, Schlehenbrand und als Zusatz zu Schlehenlikör bzw. „Sloe Gin“, „Schlehenfeuer“ verwendet.

Das leicht glänzende Holz der Schlehe zeichnet sich durch große Härte aus. Es besitzt einen rötlichen Splint und einen braunroten Kern. Es wird zum Schnitzen und zur Herstellung von Peitschenstielen und Spazierstöcken verwendet. In der Jungsteinzeit wurden durchlöcherte Kerne als Ketten getragen, welches Funde in Pfahlbaudorf zu Sipplingen am Bodensee belegen.

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